Himmelfahrtsturnier König Tegel

Himmelfahrtsturnier König Tegel

Anstatt mit meinen Kommilitonen lärmend und trinkend durch die Straßen zu ziehen, wollte ich meine etwas eingerosteten Schnellschachkenntnisse einmal wieder auffrischen und nahm deswegen am Himmelfahrtsturnier des Schachclubs König Tegel teil.

Die wichtigsten Infos auf einen Blick:

Schnellschachturnier, 9 Runden, 15 min. Bedenkzeit pro Spieler und Partie, 28 Teilnehmer, davon 1 IM, 4 FM  und noch 5 weitere Spieler mit einem Rating < 2000, so dass man einige spannende Partien erwarten durfte. Das Startgeld betrug regulär 7, ermäßigt 5 Euro.

Leider besitzt der Schachclub König Tegel keine Internetpräsenz und das obwohl letztes Jahr die erste Mannschaft sogar in der 1. Bundesliga spielte, so dass ich im folgenden meinen Turnierverlauf schildern werde:

1. Runde:

Auf den e4 Aufschlag meines Gegners Ivan Kos (1523) antwortete ich mit Sizilianisch, wobei mein Gegner allerdings nicht immer die beste Fortsetzung fand. Im Mittelspiel eroberte ich mit La6 und einer Turmverdoppelung seinen rückständigen Bauern d3 und konnte kurz darauf mit einer Grundreihenkombination die Partie für mich entscheiden.

2. Runde:

In der 2. Runde wurde ich gleich an Brett eins zu dem späteren Turniersieger und amtierenden Berliner Meister Rene Stern (2476) hochgelost. Ich hatte Weiß und fand mich nach einem ausgeglichenem Eröffnungs- und Mittelspiel in einem Endspiel mit ungleich-farbigen Läufern, Turm und Dame wieder. Zwar hatte ich erheblichen Zeitvorteil (7 gegen 3 Min.), aber irgendwie schaffte ich es nie wirklich eine aktive Stellung zu entwickeln und die Routine des „Altstars“ setzte sich durch. Schade, aber im Ergebnis gerecht…

3. Runde:

Mein Gegner Sebastian Schön (1713) war mir schon vom Blitzen bekannt, so dass ich mir mit Schwarz etwas neues auf sein d4 „ausdenken“ musste. So fand ich mich bereits nach wenigen Zügen in folgender Stellung wieder:Die besagte "Alternativeröffnung"

Im weiteren Partieverlauf gelang es mir dann aber irgendwie doch noch meine strukturellen Probleme zu lösen und konnte mit dem zwischenzeitlich erlangten Läuferpaar die Partie sicher nach Hause bringen.

4. Runde: Mit Weiß und einer weiteren unorthodoxen Eröffnung ging es gegen den schon etwas älteren Norbert Neuburg (1833). Langsam spielte dieser allerdings gar nicht, im Gegenteil! Sobald ich einen Zug ausführte führte er wie wild seinen Gegenzug aus. Diese Aufforderung zum Bulletschach konnte ich natürlich nicht ablehnen und siehe da: die besseren Blitzfertigkeiten (oder das Glück?!) war auf meiner Seite. Stand nach der Halbzeit: 3 aus 4.

5. Runde:

Die einzige Partie, die aus meiner Sicht schlecht und dumm von mir gespielt worden ist. Mein Gegner FM Thorsten Sarbok (2310) spielte e4 und wählte auf mein Französisch die Abtauschvariante…. Die sich anbahnende Kombination lag schon die ganze Zeit in der Luft und ich habe sie auch stets „gesehen“, doch irgendwie hielt ich mich für „schlauer“:

Lxc7 droht schon seit etlichen Zügen, allerdings kann Weiß nicht wirklich etwas gewinnen, da dann der Sf5 sich auf d4 (mit Angriff auf die Dame c2) gegenopfert, gefolgt von Dxc7.

Weiß spielt Lxc7. Wie zu erwarten…dachte ich mir und zog Sxd4. Nach Sxd4 ist jetzt eigentlich Dxc7 Pflicht, Weiß wird daraufhin wohl mit dem Springer nach f3 zurückgehen und anschließend versuchen gegen den Isolani d5 zu spielen. Also warum dieses Spiel gegen den Isolani zulassen, dachte ich mir und zog Sxd4. Nach cxd4 wollte ich nun den Läufer auf c7 mit der Fesselung Tac8 zurückgewinnen, übersah aber, dass nach Tac1 Te7, einfach Db3 den Bauern d5 nach Txc7 Txc7, Dxc7 mit Schach gewinnt…Autsch!

Runde 6:

Ich muss zugeben, dass ich nicht einmal ansatzweise an die Partie gegen Darko Mance (1324) erinnern kann, aber auf dem Papier steht, dass ich mit Weiß gewonnen habe, also wird dem wohl auch so sein 😉

Runde 7:

In dieser Runde musste ich mit Schwarz gegen Frank Jähnisch (2133) ans Brett, der mit 4/4 wie ein Bulle gestartet ist, wobei die 2. Turnierhälfte mit 1.5/5 wenig überzeugen konnte. Das wusste ich zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht, so dass ich mit voller Konzentration ein Angenommenes Damengambit ans Brett zauberte, wobei er seinen schwarzfeldrigen Läufer auf c1 erst mit e3 begrub und diesen anschließend auf e1 „parkte“. Dieses Konzept konnte wenig überzeugen und es gelang mir mit einem schönen Königsangriff eine Qualität zu erobern und bald danach folgte der ganze Punkt. Diese bedeutet, dass ich mit 5/7 zurück im Turnier war.

8. Runde:

Zurück an Tisch 1 und gegen FM Dirk Paulsen (2300) eine richtig gute Partie mit allem was man sich wünscht: Zeitvorteil, fast durchwegs die Initiative und das Läuferpaar. Als seine Zeit sich dann dem Ende neigte, wurde er immer besser und eine Züge spielten sich fast wie von selbst (ein Phänomen das ich zumindest subjektiv bei der Mehrzahl der wirklich guten Spieler, gegen die ich bisher spielte, fast immer beobachten konnte). In ungefähr ausgeglichener Lage habe ich dann diesen „Zug“ gefunden (ein Remis reichte meinem Gegner schon zu diesem Zeitpunkt eine Runde vor Schluss zum Turniersieg, aber natürlich zählt nur der ganze Punkt (und so dachten beide)):

Db6…mein Gegner schaute mich verdutzt an und griff dann mit einem leisen „Entschuldigung“ auf b6 zu… Ja, so grausam kann Schach sein…

9. Runde:

Durch die Ereignisse der vorangegangenen Partie in eine gewisse schachliche „Raserei“ versetzt, blitzte ich mit Weiß gegen Konstantin Bubolz (2073). Nach dem Motto „Alles oder Nichts“ warf ich alle Figuren auf seinen Königsflügel und war einfach nur glücklich mit einem Sieg und 6/9 das Turnier abzuschließen. Dies bescherte mir sogar noch einen kleinen Geldpreis und beim anschließenden freien Blitzen und Diskussionen zum WM-Wettkampf Topalow-Anand konnte ein tolles Schachturnier ausklingen.

christian.kurz

4 Kommentare

Klaus Veröffentlicht am21:28 - 13. Mai 2010

Ein toller Bericht und ein starkes Vatertagsturnier. Das sind gute Vorzeichen für das Turnier an Pfingsten.
Ich freue mich auf das Mittwochsbier mit dir.

admin Veröffentlicht am14:50 - 14. Mai 2010

Toller Bericht, danke! 🙂

Alex Veröffentlicht am19:07 - 17. Mai 2010

in deiner partie mit dem Db6 einsteller, f5 wäre doch stark gewesen, anand mäßig sozusagen 😉

Respekt zu deinem detaillierten turnierbericht. hast du da die zeit noch gehabt, das alles zu dokumentieren?

Christian Veröffentlicht am07:50 - 18. Mai 2010

Hast recht erinnert stark an die besagte Anand-Partie, f5 sieht wirklich gut aus, zumindest besser als das mutige Db6…
Während des Turniers habe ich keine Notizen gemacht, alles was ich hatte war ein Endstand des Turniers, so dass die eigentliche gedankliche Arbeit erst beim Schreiben begann…