Partiennachlese von den BJEM – Teil 1

Partiennachlese von den BJEM – Teil 1

In den kommenden Tagen möchte ich hier jeweils eine Partie von unseren Teilnehmern bei den Bayerischen Jugendeinzelmeisterschaften vorstellen und kommentieren.

Anfangen möchte ich mit unserer jüngsten Teilnehmerin Carolin Böse, die ein tolles Turnier spielte und den 4. Platz erreichte.

Weiss – Böse,C

1. e4 e5 2. Nf3 Nf6 Carolin wählt die Russische Verteidigung

3. d3 Weiß ist offensichtlich überrascht oder schlecht vorbereitet, auf jeden Fall wirkt 3.d3 nicht sehr ambitioniert

Bc5?! Ein zumindest zweifelhafter Zug, der den Bauern e5 kosten wird. Wir werden sehen, ob Schwarz genung Kompensation hat. Laut meiner Datenbank hat Schwarz dies nicht, zudem wurde der Zug noch nie von einem Spieler über 2300 angewandt. Grund genug das nächste Mal vielleicht eine andere Variante anzuwenden.

4. Nxe5 Nc6 5. Nxc6 dxc6 6. Bg5 ?? Der Grund der weißen Probleme. Nach 6.Le2 hat Weiß erstmal einen Bauern mehr und ich sehe nicht wie Schwarz Drohungen aufstellen soll.

h6 ?? Carolin übersieht hier die tolle taktische Möglichkeit 6. … Sxe4 7.Lxd8 Lxf2+ 8. Ke2 und nun Lg4 mit Matt

7. Bf4 Nach Le3 steht es annähernd ausgeglichen Nxe4 Ein schöner taktischer Schlag, den die Gegnerin anscheinend nicht auf der Rechnung hatte, allerdings muss Weiß das Opfer nicht annehmen, sondern sollte besser zäh mit 8.De2 verteidigen.

8. dxe4 Bxf2+

9. Kxf2 Auch nach Ke2 Lg4+ verliert Weiß die Dame. Den Rest trägt Carolin souverän vor. Qxd1 10. Be2 Qxh1 11. Bc4 Be6 12. Bxe6 fxe6 13. Bxc7 Rf8+ 14. Kg3 Kd7 15. Be5 Qe1+ 16. Kh3 g5 17. Bg7 Qh4# 0-1

Eine tollte Kurzpartie mit interessanten taktischen Motiven. Carolin`s Plan einen Bauern herzugeben und die Gegnerin auf unbekanntes Terrain zu locken ging voll auf. Allerdings ist das Bauernopfer höchst spekulativ und sollte, wenn überhaupt, als einmalige „Wunderwaffe“ angewandt werden, denn Weiß kann die schwarzen Drohungen sicher mit 6.Le2 abwehren.

christian.kurz

3 Kommentare

cc Veröffentlicht am11:31 - 4. Mai 2011

Für Magdalena Weiss war die Bayerische ihr drittes Schachturnier überhaupt.

;-) Veröffentlicht am17:32 - 4. Mai 2011

Also ich wäre in dem Alter froh gewesen, wenn ich gewusst hätte, wie die Figuren ziehen 😀
Insofern großen Respekt vor beiden Spielerinnen und eine sehr schöne Kombination!

Christian Kurz Veröffentlicht am18:51 - 4. Mai 2011

Liebe Schachfreunde,

zunächst einmal vielen Dank für eure Kommentare.

Bei der Analyse der Partie war es mir durchaus bewusst, dass es sich um noch junge U10 Spielerinnen handelte, allerdings muss man auch beachten, dass es sich um Teilnehmerinnen einer Bayerischen Meisterschaft handelte und man daher in gewisser Weise schon vom „Leistungsschach“ sprechen darf.

Schach muss in erster Linie Spaß machen, doch gerade für junge ambitionierte Spieler ist es heute wichtig so früh wie möglich an ihrem Spiel zu „arbeiten“.

Demnach erwarte ich nicht, dass die beteiligten Spielerinnen jede aufgeführte Variante bzw. Kommentar bis ins letzte Detail nachvollziehen können, aber würde mich freuen, wenn sie wenigstens die eine oder andere Idee aufgreifen würden.

Ich selbst profitierte in meiner „Jugend“ davon, mich mit stärkeren Spielern zu messen und mit ihnen gemeinsam zu trainieren. Da ich mich zurzeit allerdings in Berlin aufhalte möchte ich den Bechhöfer Spielern einen Teil meiner Erfahrungen zurückgeben. Dies geschieht indem ich deren Partien versuche nach meinen Maßstäben zu kommentieren und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten.

Wenn Sie, lieber „cc“, schreiben, dass es Magdalena Weiss drittes Turnier war, so nehme ich dies gerne zur Kenntnis.
Was sie aus der Partie und meiner Analyse für ihr zukünftiges Spiel mitnehmen könnte?!
Im dritten Zug deckt sie ihren angegriffenen e4 Bauern mittels d3. Hier würde ich als Trainer ansetzten und versuchen zu erläutern, dass es besser wäre Sc3 zu ziehen.
Der erste Vorteil von Sc3 ist es, dass dieser Springer sowieso auf dieses Feld entwickelt werden wird, wieso also nicht gleich dies spielen und die Bauernstruktur flexibel halten. Zudem „verbaut“ d3 den weißfeldrigen Läufer auf f1 und raubt dem weißen Spiel somit Dynamik und Initative.

Ich hoffe, dass Sie meine Intention der Analyse der Partie nachvollziehen können und wünsche ihnen und ihren Schützlingen, sowie allen Bechhöfer Spielern weiterhin viel Erfolg!

Mit freundlichen Grüßen

Christian Kurz